Seit Anfang August 2024 wurden in Niedersachsen bereits bei 23 Pferden und drei Vögeln Infektionen mit dem WNV nachgewiesen. Dies stellt eine deutliche Zunahme der Infektionsfälle im Vergleich zu den Vorjahren dar. Nach Einschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) ist derzeit mit weiteren Erkrankungsfällen bei Vogel und Pferd sowie einer weiteren regionalen Ausbreitung des WNV innerhalb Deutschlands zu rechnen. Auch beim Menschen wurde in Niedersachsen bereits zufällig im Rahmen einer Blutspende das WNV nachgewiesen. Die zahlreichen Infektionen mit dem WNV bei Pferden in Niedersachsen im August deuten darauf hin, dass sich das WNV in Niedersachsen etablieren könnte. Insgesamt ist die Seuchensituation derzeit sehr dynamisch.

Um eine aktuelle und vollständige Übersicht über die Entwicklung des Infektionsgeschehens dieses Zoonoseerregers zu ermöglichen, gibt es tierseuchenrechtliche Anforderungen an die Anzeige des Verdachts auf WNV bei Pferden und Vögeln.

Die Anzeigepflicht gilt unter anderem für Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tierhalterinnen und Tierhalter. Letztere denken bei neurologischen Symptomen allerdings nicht automatisch an eine Infektion mit dem WNV. In der Regel werden Sie als praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte bei einer Erkrankung der Tiere zu Rate gezogen. Sie haben damit eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Anzeige des Verdachts auf eine Infektion mit dem WNV. Bitte helfen Sie mit!

Ein Pferd mit klinischen Symptomen – Was nun?

Zeigen Pferde oder Vögel klinische Symptome des West-Nil-Fiebers (insbesondere neurologische Symptome), sollte das zuständige Veterinäramt informiert werden. Insbesondere bei einem zoonotischen Erreger wie dem WNV ist es sehr sinnvoll zu wissen, wo dieser überall aufgetreten ist.

Die Proben zur labordiagnostischen Abklärung einer Infektion mit WNV bei klinisch auffälligen Pferden und Vögeln sind in Niedersachsen an die amtlich benannten Lebensmittel- und Veterinärlabore des LAVES zu senden:

– Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg, Martin-Niemöller-Str. 2, 26133 Oldenburg

– Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover, Eintrachtweg 17, 30173 Hannover.

 Für die serologische Untersuchung:
– Nativblutprobe oder Serum

Für die virologische Untersuchung:
– EDTA-Vollblut, Plasma, Serum oder Liquor bei Pferden
– Blutkuchen aus Nativblutprobe bei Vögeln

Achtung:

Da es sich bei WNV um einen zoonotischen Erreger handelt, der potenziell auch Menschen infizieren kann, ist während der Probenahme und der Verarbeitung der Proben bei Verdacht einer WNV-Infektion ein Schutz vor einer viralen Infektion zu empfehlen.

Für die labordiagnostische Untersuchung der Proben durch das LAVES fallen keine weiteren Kosten an. Die Kosten für die Probenahme können nach Absprache beim Veterinäramt eingereicht werden, wenn im Vorfeld die Mitteilung des klinischen Verdachts sowie die Übersendung der Probe in das amtliche Labor erfolgt sind.

Im Falle des Nachweises einer Infektion mit dem WNV meldet das Labor das Ergebnis dem zuständigen Veterinäramt.

Was passiert danach?

Eine Pferd-zu-Pferd oder/und eine Pferd-zu-Mensch Übertragung sind bisher nie beobachtet worden!

Als Endwirte sind Pferde nach aktuellem Wissensstand nicht in der Lage die Krankheit weiterzuverbreiten, daher ist eine Tötung infizierter Tiere nicht notwendig. Im Gegensatz zu Vögeln entwickeln sich bei Menschen und Pferden während der Virämie nur relativ niedrige Virusmengen. Auch bei Vögeln und Geflügel führt ein Nachweis nicht zu einer Tötungsanordnung.

Andere Maßnahmen der Tierseuchenbekämpfung sind auch nicht vorgesehen, jedoch können im Einzelfall allgemeine Maßnahmen zum Schutz des Tierbestandes (z. B. das Entfernen von Brutmöglichkeiten nach vermehrten Infektionen in der Nähe) von der zuständigen Behörde angeordnet werden.

Impfung von Pferden:

In Deutschland sind derzeit drei Impfstoffe gegen das West-Nil-Virus für Pferde verfügbar. Die Impfstoffe sind nach Auskunft der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) gut verträglich und schützen sicher vor schweren Verlaufsformen der Erkrankung.

Die StIKo Vet hat bereits im Jahr 2018 eine Stellungnahme zur Impfung von Pferden gegen das WNV veröffentlicht. In Anbetracht der Ausbreitung des WNV hat die StIKo Vet ihre Impfempfehlung am 03.09.2024 erweitert.

Es wird nun mittelfristig dazu geraten, Pferde über die bisherigen Verbreitungsgebiete hinaus in der gesamten niederdeutschen Tiefebene gegen das WNV impfen zu lassen. Für die laufende Mückensaison, die sich ab Ende Oktober ihrem Ende zuneigen wird, kommen jetzt begonnene Impfmaßnahmen nach Einschätzung der StIKo Vet vermutlich zu spät. Im zeitigen Frühjahr 2025, also vor Beginn der Mückensaison, sollte die Grundimmunisierung abgeschlossen sein.

Weitere Informationen zum WNV sowie ein Informationsblatt für Pferdehalterinnen und Pferdehalter finden sich auf der Internetseite www.tierseucheninfo.niedersachsen.de

Impfstoffe gegen WNV für Menschen sind bislang nicht verfügbar.

Der Vektor

Die übertragende Mückenart, Culex pipiens, ist eine der am häufigsten in Europa vorkommenden Mückenarten. Dadurch ist eine generalisierte Bekämpfung der Mücken nahezu unmöglich, der Einsatz von Bioziden zur Bekämpfung ist nicht denkbar.

Im Vordergrund der Empfehlungen sollte das lokale Lebensraummanagement stehen; insbesondere Brutmöglichkeiten sollten vermindert werden. Falls Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen notwendig werden sollten Desinfektionsmittel gegen behüllte Viren Verwendung finden.

Dr. Jessica Heitzhausen
für den Ausschuss Tierseuchen, Bestandsbetreuung und Reproduktionsmedizin TKNDS